20 Jahre Thief: The Dark Project

Kurz nach Half-Life schon der nächste Klassiker mit rundem Geburtstag. Und wie bereits Half-Life verdient auch der Vater des Stealth-Shooter-Genres auf dem PC eine Huldigung.

1998

1998 war ein gutes Jahr für Spieler und ein sehr interessantes aus spielhistorischer Sicht. Ein Jahr vollgepackt mit Spielen, die sich zu echten Klassikern entwickeln sollten (Baldurs Gate, Anno 1602, Fallout 2, Grim Fandango, Star Craft) und durch bahnbrechende Technik (Unreal) oder neuen Spielprinzipien (Half-Life) ganze Genres revolutionierten oder gar Sub-Genres aus dem Boden stampften und die gesamte Branche auf ein neues Level hoben.

Angeschlichen

Fragt man mich nach den ersten 3D Schleichern für den PC, denke ich meist zuerst an Deus Ex, Hitman: Codename 47 oder No One Lives Forever. Und dann an Thief: The Dark Project. Die Schleich-Mechaniken und alles, was dazu gehört (Soundkulisse, KI, Bewegungen, Levelarchitektur) waren schon so ausgereift, dass ich das Spiel zeitlich nach den genannten Titeln auf dem Zeitstrahl der Videospielgeschichte verorten würde.
Doch tatsächlich kam Dark Project: Der Meisterdieb (so der deutsche Titel) bereits 1998 und war das einflussreichere Spiel. Es war der erste „Shooter“ in First-Person-Perspektive, in dem nicht der Kampf im Vordergrund stand, sondern die Vermeidung der Konfrontationen. Schleichen war das zentrale Spielelement, Ton und Licht wurden als direkte Spielelemente eingesetzt.
Ich werde nie vergessen, wie ich als Dieb Garrett von Schatten zu Schatten schlich, Lichtquellen zerstörte, immer die Anzeige im Blick, die darstellte, wie gut man versteckt war. Immer darauf bedacht, Geräusche zu vermeiden, um nicht von den Wachen gehört zu werden. Niemals rennen auf Stein- oder Metallböden.

Im Schatten

Warten, Lauschen, Schleichen … Thief war anders als alles, was ich zuvor gespielt hatte. Grafisch konnte die Dark-Engine zwar nicht mit Unreal oder Half-Life mithalten, die Immersion, die von Licht, Schatten, Dunkelheit und der Sound-Kulisse erzeugt wurde, war aber gewaltig. Der Hall der Stimmen und Schritte durch die mittelalterlichen Gassen bleibt mir unvergessen. Es war das erste mal, dass es wichtig war, zu erkennen, aus welcher Richtung die Geräusche kamen. Und auch wenn die Abmischung nicht perfekt war, es war erstaunlich, was durch die Anwendung der Technik der Schallwellenausbreitung erreicht werden konnte, die es erlaubte, Geräusche durch Wände, um Ecken und durch Räume zu schicken, eine Technik, die mit viel Wohlwollen von anderen Entwicklern aufgegriffen wurde.

Einer der besten Level aller Zeiten – The Sword

Und nicht nur das, auch KI, Bewegungsmöglichkeiten und Leveldesign wurden fast perfekt an die Schleichmechanik angepasst und wurden von der nächsten Generation der Stealth-Shooter übernommen. Die Wachen schauen nach, wenn sie etwas hören oder sehen. Der Spieler als Dieb kann zusätzlich zu den üblichen Bewegungen schwimmen, lautlos laufen, Vorsprünge erklimmen, Seile hinaufklettern, um Ecken schauen und mit Pfeilen die Fackeln in anderen Räumen löschen. Die Level waren komplex und boten viele Interaktionselemente, Rätsel und Physik. Einige Level zählen zu den besten der Computerspielgeschichte. „The Sword“ wäre da zu nennen, welches mit verwinkelten, in sich verdrehten und dynamisch veränderten Räumen besticht und eine ungeahnte Orientierungslosigkeit und Verblüffung auslöst.

Was bleibt?

„Thief is the single most terrifying, immersive, and rewarding game I have played and the one single-player game I continue to replay. […] There are countless books I wish I had written; Thief is one of the few games I wish I had worked on.“
[Marc Laidlaw, Writer and Designer von Half-Life]

Sehr passendes Zitat. Zusammen mit Metal Gear Solid und Tenchu: Stealth Assassins (beide 1998 für PlayStation erschienen) definierte Thief ein neues Genre. Stealth-Spiele wurden populär. Hitman, Splinter Cell,  Assassin’s Creed, Dishonored – der Einfluss des Spieles war enorm und inspirierte viele Entwickler.
Noch heute fehlt Thief auf keiner Bestenliste. Auch auf meiner nicht.


Quellen:

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