The Wolf Among Us
Das abgründige Noir-Märchen von Telltale Games erzählt eine düstere Geschichte, basierend auf der Comic-Reihe Fables. Der Stil ist grandios. Das Spiel auch?
Neo-Noir in Fabletown
Schon die großartige Opening Sequenz gibt in Sachen Kamera, Farben und Musik die Richtung des Stils vor: Neo-Noir vom Feinsten. Damit hatten sie mich schon. Und? Hielt die Begeisterung über 5 Episoden an?
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Nun, vorwegnehmen kann ich folgendes: Telltale schafft es bei The Wolf Among Us perfekt, den Stil der Vorlage (Fables, DC Comics/Vertigo) auf das Spiel zu übertragen und gleichzeitig die eigene Handschrift erkennbar zu machen. Die Szenen sind großartig aufgebaut, die Kameraeinstellungen atmen den Geist der schwarzen Serie, die Charaktere sind glaubhaft ausgearbeitet, die Stimmen passend vergeben, die Dialoge stark geschrieben. Kurz: Die gesamte Inszenierung ist beeindruckend gut gelungen.
Prequel der Comics
Die Handlung von The Wolf Among Us setzt vor den Ereignissen der ersten Ausgabe von Fables ein. Die magischen Länder (The Homelands), die wir aus Märchen kennen, wurden von einem Tyrannen (The Adversary) und seiner Armee besetzt. Viele Bewohner (Fables) flüchteten in unsere Welt und gründeten im modernen Manhattan eine Enklave namens Fabletown. Um ihre Anwesenheit von den einheimischen Menschen zu verbergen, müssen alle nicht-menschlichen Fables eine Verzauberung namens Glimmer kaufen, die ihnen erlaubt, die Erscheinung von Menschen anzunehmen. Andernfalls werden sie zu einer ländlichen Gemeinde namens „die Farm“ abgeschoben. Der rehabilitierte Große Böse Wolf ist der Sheriff von Fabletown und dafür verantwortlich, die Gemeinde vor der Welt zu verstecken und dessen Gesetze zu vollstrecken. Sein Name ist Bigby Wolf. Wir sind Bigby.
Gewohntes Gameplay
Der Spieler erlebt durch dessen Augen eine dieser typischen Noir-Geschichten – blutig, abgründig, voller Intrigen und undurchsichtiger Charaktere. Das Spielprinzip unterscheidet sich kaum von dem der The Walking Dead Serie. Quicktime Events, Dialoge, Exploration und ein paar Inventarrätsel. Die Häufigkeit der einzelnen Elemente unterscheidet sich von Episode zu Episode. Ist die erste Episode noch sehr actiongeladen und alles der Vorstellung des Hauptcharakters und der Umgebung untergeordnet, verdichtet sich die Geschichte zunehmend und ruhigere Passagen nehmen zu, in denen der Spieler Tatorte untersucht und Rätsel löst. Hinzu kommen die Entscheidungen, die der Spieler während der Quicktime Events und Dialoge treffen muss. Diese haben oft tödliche Konsequenzen für den einen oder anderen Charakter.
Entscheidungen voller Abgründe
Der Charakter des Bigby ist dabei an die typischen Antihelden der schwarzen Serie angelehnt. Immer tiefer wird er in den Sumpf aus Intrigen und Gewalt gezogen, immer schwieriger wird es für den Spieler Gesetz und Moral aufrechtzuerhalten ohne selbst die Mechanismen des Bösen anzuwenden. Hinzu kommt die Vergangenheit des einst bösen Wolfes, die ihn immer wieder einholt und er somit auf Skepsis und Ablehnung trifft. Je nach getroffener Entscheidung wenden sich dann auch lieb gewonnene Freunde von einem ab.
Wie bei The Walking Dead haben die Entscheidungen keinen Einfluss auf die Haupthandlung, sondern beeinflussen Dinge wie die Reaktion der Figuren, die Dialoge oder den Ablauf bestimmter Szenen oder Zwischensequenzen. Zum Beispiel muss man sich einige Male entscheiden, wem man hilft oder wen man verfolgt. So ist der, den man hängen lies nicht mehr so gut auf einen zu sprechen, falls er überhaupt überlebt. Der, den man nicht verfolgt, entkommt eben. Die, denen man geholfen hat, werden das positiv in Erinnerung behalten.
Oder man spielt den bösen Wolf und wählt stets die „brutale“ Option. Auch das ändert nicht die Hauptgeschichte, wohl aber die Dialoge und die Angst und Ablehnung der anderen Figuren ist zu spüren. Man kann es nicht allen Recht machen als Hüter des Gesetzes, da einem die Figuren, die Bigby umgeben, ans Herz wachsen und dessen Meinungen über einen selbst, so komisch das klingt, Gewicht bekommen, ist es oft schwierig eine angemessene Reaktion aus den Optionen zu wählen. Es gibt kein schwarz-weiß, nur Abstufungen von grau.
Das Kennen der Comic-Vorlage, Fables ist im europäischen Raum eher weniger nicht verbreitet, kann an einigen Stellen von Vorteil sein, um der Vielzahl von Charakteren und den rasanten, englischen Dialogen (mit deutschen Untertiteln) immer folgen zu können. Voraussetzung ist das aber nicht, da man auch hier viele der Figuren aus den Märchen kennt und einem sich die groben Zusammenhänge von selbst erschließen.
Der Telltale Effekt
Wie schon zuvor bei TWD oder Tales of Monkey Island tritt bei mir ein Effekt auf, den ich Telltale-Effekt nenne. Das Spiel nutzt sich zunehmend ab. Trotz toller Inszenierung und spannender Story komme ich irgendwann ab Episode 3 oder 4 an den Punkt, an dem mich das Spiel und seine einfache Mechanik langweilt, da nichts Neues mehr hinzugefügt wird. Ab diesem Zeitpunkt wird es zäh und ich möchte es nur noch möglichst schnell beenden.
Das ist aber auch mein einziger Kritikpunkt und vielleicht auch dem persönlichen Fakt geschuldet, dass ich Spiele selten zum Erscheinungstermin spiele, sondern viel später. So sind dann meist schon alle Episoden verfügbar und die kurze Spielzeit der einzelnen Episoden, die Cliffhanger, das Warten auf die nächste Folge und die Vorfreude, also alle Vorteile des Episoden-Formats, entfallen.
So bleibt am Ende ein toll inszenierter Noir-Thriller, der sich perfekt in das Oeuvre von Telltale einfügt, der studioeigenen, modernen Adventure-Interpretation aber keine neuen Elemente hinzufügt.
-
Gesamtwertung
Fazit
Telltale hält sich eng an die Comic-Vorlage und inszeniert The Wolf Among Us äußerst stilvoll als modernes Noir-Adventure. Abgründig, blutig, düster, packend. Dazu toll geschrieben und in Szene gesetzt. Einzig die mit TWD etablierte Kombination aus QTE, Dialogen und leichten Rätsel- und Exploration-Passagen wirken mit zunehmender Spieldauer etwas ermüdend.
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